Matthias Thomsen ist unterstützender Partner des Netzwerks Pflanzensammlungen. Sein Forschungsprojekt widmet sich der umfassenden Untersuchung und Klassifikation der Sektion Helleborastrum, besser bekannt als wilde Lenzrosen, innerhalb der Gattung Helleborus.
Über einen Zeitraum von 25 Jahren hat Thomsen über 500 regionale Populationen in ihrem natürlichen Lebensraum untersucht, dokumentiert und vergleichen können (Bild 1: Karte der untersuchten Regionen). Der unsprünglich natürliche Lebensraum der wilden Lenzrose sind lichte Wälder auf nährstoffreichen Karbonatverwitterungsböden im südlichen Europa von Nordspanien bis hin zum Kaukasus. Durch die Jahrhunderte lang stattfindende Waldrodung wurde extensiv genutztes Weideland gewonnen. Dort konnten sich aufgrund geringerer Konkurrenz zum Teil Hotspots, also dichte lokale Bestände, innderhalb der ausgedehnten regionalen Populationen bilden, die von Thomsen näher untersucht wurden.
1. Klassifikation der Sektion Helleborastrum innderhalb der Gattung Helleborus
Ein zentraler Aspekt des Projekts ist die Unterscheidung zwischen biologischer und taxonomischer Spezies. Während die biologische Spezies die Gesamtheit der Reproduktionsgemeinschaft aller Individuen der Sektion Helleborastrum umfasst, beschreibt die taxonomische Spezies eine morphologisch klar abgrenzbare Einheit, die sich von der biologischen Spezies eindeutig unterscheidet. Diese taxonomischen Spezies werden als t-Spezies beszeichnet, wie etwa Helleborus t-viridis. Hierbei entsteht zwangsläufig in den meisten Populationen jeweils ein Rest nicht abgrenzbarer Individuen, die den taxonomischen Status Helleborastrum haben.
Bild 2: Variation der Blattmorphologie in einer kleinen Population von H. t-atrorubens
2. Ergebnisse der aktuellen Revision von Helleborastrum durch Matthias Thomsen mit 20 klar abgegrentzen Spezies
a) Beibehalten, aber trennschaf abgegrenzt, werden die Taxa (in alphabetischer Reihenfolge)
H. t-abchasicus, H. t-abruzzicus, H. t-atrorubens, H. t-bocconei, H. t-croaticus, H. t-cyclophyllus, H. t-dumetorum, H. t-guttatus, H. t-hercegovinus, H. t-liguricus, H. t-multifidus, H. t-occidentalis, H. t-odorus, H. t-orientalis, H. t-purpurascens und H. t-viridis.
b) H. torquatus wird aufgegliedert in drei sowohl räumlich als auch morphologisch sehr klar getrennte und unterschiedliche Einheiten:
H. t-bosniacus, H. t-malyi, H. t-serbicus.
c) Neu eingeführt wird das Taxon H. t-slovenicus.
Bild 3: H. t-malyi Martinis 1973)
Bild 4: H. t-bosniacus McLewin, Thomsen 2019
3. Die Sammlung von Matthias Thomsen
Seine Helleborastrum-Sammlung in Waldshut-Tiengen besteht aus jeweils drei Exemplaren der 20 taxonomischen Spezies, also aus insgesamt 60 Individuen. Zusätzlich werden einzelne, besonders interessante Individuen vegetativ vermehrt, sodass teilweise Reserven vorhanden sind. Alle Pflanzen werden in tiefen eckigen 11-Liter-Töpfen kultiviert, was sowohl die Pflege als auch die vegetative Vermehrung sehr vereinfacht. Die Sammlung steht im lichten Schatten, wobei sie vormittags mehrere Stunden lang volle Sonne erhält, was die Blühwilligkeit stark fördert. Einzelne, besonders interessante Klone werden kontrolliert bestäubt, um artreine Sämlinge zu erhalten.
Bild 5: H. t-atrorubens im Garten
Bild 6: H. t-abruzzicus im Garten
Bild 7: Teilaspekt der Sammlung der Helleborastrum-Wildarten mit Vorrichtungen zum Sammeln der Samen
Text- und Bildquelle: Matthias Thomsen
Weiterführende Informationen zu Helleborus finden Sie auf der Webseite von Matthias Thomsen: https://www.helleborus.online/