Die Gattung Erica kommt auf kalkfreien, sauren Böden in zwei Arten in der Umgebung von Monchique vor, weiterhin Calluna vulgaris. Monchique liegt im Hinterland der Algarve am Südwest-Zipfel von Europa. Von hier ist es bis zum Atlantik in südlicher und westlicher Richtung je etwa 25 km weit. Das Klima ist ein durch atlantischen Einfluss leicht gemäßigtes typisches Mittelmeerklima mit weitgehend frostfreien milden, sehr regenreichen Wintern und heißen und völlig trockenen Sommern.
Eine der beiden Arten, die in Mochique vorkommen, ist Erica arborea. Diese Heide kann, wie der Name schon sagt, baumartige Größe erreichen, wenn sie nicht durch menschliche Eingriffe oder immer wiederkehrendes Feuer daran gehindert würde.
Bei der anderen Art bin ich mir bei der Bestimmung nicht sicher: Wahrscheinlich ist es die rosa blühende Erica australis. Sie kommt nicht in unmittelbarer Nachbarschaft vor, aber es gibt in der Nähe viele Stellen, in denen sie zusammen mit Erica arborea rosa und weiß aus dem dichten Tiefgrün der Hänge leuchtet.
Seit 2017 lebe und gärtnere ich in der Nähe von Monchique im Hinterland der Algarve auf besagtem kalfreiem Boden mit ebensolchem Wasser in 350 m Höhe. Das Gestein ist (nicht nur im Untergrund) der sogenannte Monchiquit oder Sienit, ein Feldspat, der in dieser Form relativ selten ist. Auf den ersten Blick sieht es aus wie hellgrauer Granit, es wird auch abgebaut und sieht sehr attraktiv aus. Auf unserem Land haben wir viele große sichtbare runde Felsen und Felsplatten, und an einigen Stellen, wo nichts so recht wachsen will, vermuten wir diese auch im Untergrund.
Zurück zu Erica arborea: Bei unserer Ankunft kam diese Art zwar auf den Nachbargrundstücken, nicht aber auf unserem Land vor. Vermutlich liegt es daran, dass ein bebautes Grundstück aus Gründen des Feuerschutzes in einem bestimmten Abstand zum Haus jährlich gemäht werden muss, um die Vegetation niedrig zu halten und im Falle eines Feuers die Auswirkungen zu reduzieren. In unserem Fall wurde stets das gesamte Grundstück von 1,3 ha radikal abgemäht. Nachdem wir dieses Vorgehen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben gelockert haben, entwickelt sich wieder der typische Unterwuchs eines Korkeichenwaldes, in dessen Schatten unser Haus steht. Typische Vertreter sind z.B. Myrtus communis in der großblättrigen Form, Rosmarin, Lavandula stoechas, Lithsopermum, Clematis flammula, Lonicera periclymenum, Viburnum tinus, Asparagus aphyllus, den ich aus gutem Grund „Stacheldraht-Spargel“ nenne…. Ein lokal wichtiger Bestandteil der einheimischen Flora ist Arbutus unedo, aus dessen Früchten ein allseits beliebter Schnaps namens Medronho destilliert wird. Häufige, teils dominierende Pionierpflanze ist Cistus in einigen verschiedenen Arten.
In der Krautschicht ist Erophaca baetica hervorzuheben, die aussieht wie eine staudige Robinie, im Sommer aber komplett einzieht. Euphorbia paniculata ssp. monchiquensis, ein relativ seltener Endemit der Serra de Monchique zieht im Frühsommer mannshoch und leuchtend grüngelb blühend alle Blicke auf sich. Das allgegenwärtige Tausendgüldenkraut Centaurium, welches zu den letzten Frühlingsblühern vor der großen Sommer-Dürre zählt, überzieht das Land mit seinem zartrosa Blüten-Schleier.
Erica arborea und Erica australis sind in der Lage, nach einem Feuer aus einer unterirdischen Holzknolle, dem Lignotuber, wieder auszutreiben. Da die alte Wurzel unbeschadet das Feuer überstanden hat, wächst der Neuaustrieb wieder rasch zu einem leuchtend grünen dichten Strauch heran. Es ist mir gelungen, von dem abgebrannten Grundstück eines Freundes besonders kleine, frisch austreibende Lignotuber in unseren Garten zu verpflanzen, was in den meisten Fällen erfolgreich war. Diese noch nicht fest eingewurzelten Pflanzen brauchten in den ersten zwei Sommern (das Feuer geschah im August 2018) gelegentlich Wasser, aber im vergangenen Sommer war das nicht mehr notwendig. Die ersten dieser Jungpflanzen haben geblüht, allerdings noch nicht so reich wie erwachsene Pflanzen. Das Foto des blühenden Exemplars stammt vom unbebauten Nachbargrundstück (siehe Bild 1).
Die sehr ähnliche Erica lusitanica habe ich von einer auf einheimische Pflanzen spezialisierte Gärtnerei zugekauft, auch diese Pflanzen mussten anfänglich im Sommer gegossen werden, sind jetzt aber etabliert und blühen in diesem Frühjahr erstmalig.
Calluna vulgaris wird hier wesentlich höher als ich es von Deutschland her kenne. Nachdem wir einen relativ großen Bestand erst einmal haben wachsen lassen, habe ich im letzten Sommer dann doch entschieden, sie wieder abmähen zu lassen. Nach Einsetzen des Winterregens treiben die alten Pflanzen kräftig wieder aus und werden in diesem Spätsommer auch wieder blühen. Es ist wichtig, die brennbare Masse auf dem Grundstück in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Die Bereiche, in denen Calluna natürlicherweise bei uns wächst, werden im Sommer nicht bewässert und werden sehr trocken.
Soweit die natürlich vorkommenden Erica, Calluna und ihre Begleiter.
Der Wunsch, auch südafrikanische Erika hier kultivieren zu wollen, liegt auf der Hand. Dank der sehr freundlichen und großzügigen Unterstützung des Bundessortenamtes in Hannover konnte ich im Herbst 2022 etliche Spezies und Gartenformen Südafrikanischer Erica nach Monchique mitnehmen. Sie wurden sofort in größere Gefäße umgetopft, um die Wasserhaltekraft des Topfballens zu erhöhen. Im September herrscht hier noch sommerliche Hitze bei extrem trockenen Böden, so dass an ein sofortiges Auspflanzen nicht zu denken war. Erst nach Einsetzen des Herbstregens und entsprechender Durchfeuchtung konnten die Pflanzstellen entsprechend vorbereitet werden, was sich bis in den Spätwinter hinzog und nach und nach wurden die Jungpflanzen an ihre neuen Standorte ausgepflanzt. Dabei habe ich sowohl Stellen gewählt, die im Sommer bewässert werden als auch solche, wo dies nicht der Fall ist. Da ich von allen Arten mehrere Exemplare bekommen habe, kann ich so verfahren. Mindestens ein Exemplar verbleibt erst einmal getopft. Im ersten, kommenden Sommer werden diejenigen Exemplare, die ohne automatische Bewässerung auskommen müssen, sehr sorgfältig beobachtet und bei Bedarf mit der Hand mit einer Gießkanne gegossen. Ein in Deutschland unbekanntes Phänomen kann hier Pflanzen mit sommertrockener Herkunft umbringen, wenn sie bei sehr warmem Boden und großer Trockenheit gegossen werden. Es kommt zu einem „verkochen“ der Wurzeln einerseits und zu einem von der Kombination aus Wärme und Feuchtigkeit begünstigten Pilzbefall der Wurzeln andererseits. Beides schädigt die Wurzeln so, dass die betroffene Pflanze abstirbt. Deshalb kann nur in den Abendstunden gegossen werden und dann auch nur so selten wie möglich, dann aber durchdringend.
Nur die Erica x darleyensis Formen wurden gleich im September an die Basis einer bewässerten Kamelien-Hecke gepflanzt und haben im Winter geblüht
Bemerkenswert finde ich, wie sich das Aussehen der Pflanzen nach dem Auspflanzen verändert hat. Erica ‘Linton’s Red‘ z.B. hat nach dem Umzug vom Topfquartier im Halbschatten in die volle Sonne im Mittwinter (während einer Regenperiode und häufig bedecktem Himmel) eine rötlich-braune Stressfärbung angenommen, gleichzeitig aber zu blühen begonnen. Meine anfängliche Besorgnis wich, als frischgrüne Neutriebe erschienen.
Erica caffra dagegen hat den Umzug an eine gut bewässerte Stelle ohne Mucks mitgemacht und sofort zu blühen begonnen und wächst ebenfalls frischgrün. Diese Spezies kann nicht ohne Sommerwasser kultiviert werden.
Die sehr schöne Erica baueri ssp. gouriquae hat ihr Aussehen nach dem Auspflanzen nach einer kurzen Verschnaufpause geändert. Die eher großen Abstände zwischen den Blättern und die grüne Blattfarbe sind einem kompakten Wuchs mit dicht stehenden grau-grünen Blättern gewichen. Ein Exemplar hat einige sehr beeindruckende Blüten entwickelt.
Zu den letzten ausgepflanzten Exemplaren gehört die weißblühende Erica spectabilis, bei der noch nicht ganz klar ist wie sie den Umzug überstanden hat, die verbliebenen Pflanzen in Töpfen sehen nicht ganz zufriedenstellend aus, blühen aber alle.
Einen mir unerklärlichen Totalausfall aller Exemplare hat es bei Erica ventricosa gegeben, Ich habe sie wie alle anderen behandelt und innerhalb kurzer Zeit sind alle Exemplare zeitgleich abgestorben. Ansonsten gab es bis jetzt keine Verluste.
Erica curviflora scheint einen Teil der alten Blätter zu verlieren und sieht dadurch bodennah etwas schütter aus, aber die Neutriebe sind frischgrün und schon recht gut gewachsen.
Erica cerinthoides, E. scoparia und E. ’Winter Fire’ scheinen sich am neuen Standort ausgesprochen wohl zu fühlen, der neue Austrieb ist auch hier wesentlich kompakter und fester. Zum Teil stehen sie sehr exponiert in voller Sonne, zum Teil aber im Schlagschatten bereits etablierter kleiner Gehölze wie Cistus und Ceanothus. Cistus als typische kurzlebige Pionierpflanze wird entfernt, sobald die Heide mehr Platz braucht.
Ende März ist es bereits ungewöhnlich warm und relativ trocken, so dass ich nur noch an im Sommer bewässerten Stellen weiter auspflanzen werde. Pflanzen, die später ohne Bewässerung auskommen müssen, finden um diese Jahreszeit nicht mehr genug Zeit, um sich vor dem Einsetzen der erbarmungslosen Sommertrockenheit wenigstens teilweise einzuwurzeln. Sie werden weiter im Halbschatten in Töpfen bis zum nächsten Herbst kultiviert.
Ich bedanke mich noch einmal für die freundliche und großzügige Unterstützung durch das Bundessortenamt (Frau Näthke und Frau Erz) und natürlich für die schönen Erica Jungpflanzen. Gern halte ich Sie alle weiter auf dem Laufenden.
Herzlich! Johannes-Ulrich (Uli) Urban
Text und Bildquelle: Dr. Johannes-Ulrich Urban
Bild 1: Schönes Exemplar von Erica arborea auf dem Nachbargrundstück, im Vordergrund Myrtus communis
Bild 2: Viburnum tinus an der Mauer zum Nachbarn
Bild 3: Erica australis in der Abendsonne
Bild 4: Erica australis in der Serra de Monchique, mit Hummel
Bild 5: Erica arborea und Arbutus unedo mehrere Jahre nach Feuer in der Serra de Monchique
Bild 6: Arbutus unedo, unreife Früchte
Ericen Bilder aus dem Garten
Bild 7: Gut wachsende Erica caffra
Bild 8: Blühende Erica lusitanica
Bild 9: Gut wachsende Erica scoparia neben Amaryllis belladonna, die bereits erste gelbe Blätter hat und bald den Sommer über ruhen wird. Im Hintergrund eine Jungpflanze von Aloe marlothii
Bild 10: Neupflanzung: Erica caffra vor Aloe, daneben Dietes grandiflora, im Vordergrund blühende Felicia fruticosa. Sichtbar ein Stück der Bewässerung
Bild 11: Erica spectabilis vor Albuca spec. mit hängenden grüngelben Blüten
Bild 12: Erica cerinthoides mit frischem Austrieb vor Aloe helenae
Bild 13: Neuaustrieb Calluna vulgaris, im letzten Sommer bodennah abgemäht