Unterscheidbar, homogen und beständig – diese Anforderungen müssen alle neuen Zierpflanzensorten erfüllen, um die sogenannte „Registerprüfung“ zu bestehen, die Grundlage für die Erteilung des Sortenschutzes ist.
Dementsprechend beeindruckend sehen die Gewächshäuser, Freilandflächen und Reihen mit Pflanzkübeln in der Hochsaison im Bundessortenamt (BSA) an der Prüfstelle Hannover aus. Überall sind Rosen, Pelargonien, Petunien, Lobelien, (Kap-) Margeriten und noch viel mehr zu sehen, nach Farbgruppen sortiert und auffallend uniform.
In einigen Gewächshäusern und Kübeln wachsen allerdings auch Sorten oder Arten, die bereits auf den ersten Blick von dieser Prämisse abweichen: Goldlack als Mischung in vielen bunten Farben, Astern mit unterschiedlichen Blattformen, Fingerhut in allen Nuancen von rosa (Abb. 1). Diese besonderen Kulturen gehören nicht zur Registerprüfung, sondern sind Teil des Vermehrungsanbaus der zentralen Sammlung der Genbank für samenvermehrte Zierpflanzen (GbsZ). Hier werden seit 2012 alte und zum Teil historische Zierpflanzensorten kultiviert, beschrieben, vermehrt und erhalten. Bei dem Saatgut handelt es sich um Materialabgaben von Sammlern, Organisationen und Züchtern. Damit eine Sorte Teil der GbsZ und damit der Deutschen Genbank Zierpflanzen (DGZ) werden kann, dürfen für sie keinerlei Schutzrechte mehr bestehen. Denn Ziel der GbsZ ist es, das Pflanzenmaterial als genetische Ressource frei zugänglich und für alle Interessierten verfügbar zu machen.
Abbildung 1: Genbank-Anbau von Digitalis purpurea 'Excelsior Mischung'
Vor jeder Anbauperiode wird geprüft, welches Saatgut aus der Sammlung noch nicht vermehrt wurde und welches neu in die GbsZ aufgenommen wurde. Des Weiteren wird getestet, bei welchen Akzessionen (AKZ) die Keimfähigkeit während der Einlagerung in den letzten Jahren nachgelassen hat. Aus all diesen AKZ wird ein Anbauplan erstellt. Zusätzlich müssen Beschreibungen und Informationen zu den Arten und Sorten recherchiert werden. Häufig finden sich solche Angaben in alten Katalogen; hierfür besitzt das BSA eine eigene Sammlung. Die Angaben werden benötigt, um später die Identität der jeweiligen Sorten zu überprüfen und auszuschließen, dass es im Laufe der Jahre zu Verwechslungen oder Veränderungen gekommen ist. Bei Bedarf werden auch Sortenkennerinnen und -kenner eingebunden, um das Material zu verifizieren.
Während des Anbaus werden dann Merkmale wie Pflanzenhöhe, Blattbreite, Wuchsform, Blütengröße, -form und -farbe gemessen und fotografisch erfasst.
Die Kultur der Genbank-AKZ bringt einige Besonderheiten mit sich. So muss darauf geachtet werden, dass keine Kreuzungen zwischen den verschiedenen AKZ einer Art oder Gattung stattfinden können. Ansonsten würden die jeweiligen Eigenschaften der samenvermehrten AKZ verloren gehen. Auch die erwähnte wesentlich größere „erlaubte“ Bandbreite im Aussehen der einzelnen Pflanzen einer Sorte, unterscheidet sich deutlich von der Registerprüfung. In der Genbank dürfen Sorten in den Farben „spielen“, kleinere und größere Pflanzen dabei sein oder auch mal innerhalb einer Sorte gefüllte und ungefüllte Blüten auftreten (z.B. bei Clarkia amoena wird dadurch die Bestäubungsrate verbessert, Abb. 2). Auch die Kultur vom Samen bis zur Ernte der nächsten Generation ist manchmal eine Herausforderung. Manchmal dauert es mehrere Jahre bis neues Saatgut in der gewünschten Qualität geerntet werden kann. Da es sich oft um ältere Sorten handelt, sind manche zudem anfälliger gegenüber Krankheiten oder deutlich wüchsiger, als ihre neuen „Kollegen“ aus der Registerprüfung.
Abbildung 2: Clarkia amoena 'Rembrandt'
Nach erfolgreichem Anbau der AKZ kann das Saatgut geerntet werden. Dieses wird aus den Fruchtständen gelöst und gereinigt, was bei vielen Arten viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung erfordert. Nach der Trocknung werden von jeder AKZ jeweils drei Proben Saatgut bei -18 °C eingelagert. Dies erfolgt an drei unterschiedlichen Standorten, um eine sichere Erhaltung zu gewährleisten (Abb. 3).
Abbildung 3: Spezielle Aluminium-Tüten und Etiketten werden für die Einlagerung bei -18 °C verwendet
Am Ende jeder Anbauperiode werden die gesammelten Daten zusammen mit den Fotos (Abb. 4) der Sorte in der online-Datenbank der DGZ: https://www.bundessortenamt.de/apps9/dgz/genbank_zierpfl/public/de veröffentlicht. Interessierte können in der Datenbank mittlerweile über 500 Datensätze der GbsZ durchstöbern, von über 300 AKZ kann Saatgut abgegeben werden.
Abbildung 4: Blüten und Blätter von Erysimum cheiri 'Borntal Lichter'
Auch wenn der Anbau nicht immer ganz einfach ist, die große Bandbreite an Arten, Sorten, Farben und Formen macht die Sammlung der GbsZ zu einem besonders interessanten und spannenden Arbeitsbereich.
Interessieren Sie sich für Material aus der GbsZ? Dann kontaktieren Sie uns: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Save the Date:
Sie möchten sich gerne einmal persönlich die Arbeit der GbsZ ansehen? Dann haben Sie am 24.06.2023 beim Tag der offenen Tür des BSA in Hannover die Chance dazu. Es werden an dem Tag interessante Führungen angeboten, über die Arbeit des BSA informiert und auch für die Kleinsten gibt es viel Spannendes zu erleben.
Wir freuen uns auf Sie!
Ansprechperson zur Genbank für samenvermehrte vermehrte Zierpflanzen:
Katja Näthke
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Bundessortenamt, Osterfelddamm 80, 30627 Hannover
Weitere Informationen zum Bundessortenamt finden Sie unter: www.bundessortenamt.de
Text und Bilder: Bundessortenamt