Bei den Vorbereitungen zum Jubiläum „750 Jahre Kloster Neuzelle“ wurde die Idee geboren, eine historische Nelkensammlung, wie es sie zu Zeiten der barocken Klosteranlage mit großer Wahrscheinlichkeit gegeben hat, wieder entstehen zu lassen.
Damit begannen die Recherchen, welche Nelkensorten zu jener Zeit populär waren, und ob und woher man derartiges Pflanzenmaterial bekommen kann.
Abbildungen und ausführliche Beschreibungen von den damals so begehrten Dubletten, Picotten oder Bizarden gibt es in großer Zahl.
Bei der Recherche stellte sich sehr schnell heraus, dass diese alten Sorten heute leider nicht mehr existieren. Da die Nelke an sich eine sehr kurzlebige Kultur ist, und viele dieser besonderen Sorten wahrscheinlich nur Einzelselektionen aus beliebig gekreuzten Sorten waren, die zudem über die Jahrhunderte nicht sortenrein vegetativ vermehrt wurden, müssen sie heute als verloren gelten. Man könnte versuchen, solche Variationen erneut nach zu züchten. Das ist aber mit einem so großen personellen und zeitlichen Aufwand verbunden, dass es für dieses Projekt nicht leistbar war.Deutlich einfacher gestaltete sich die Nachbildung der theatralen Präsentation der „göttlichen“ Grasblume. Auch hier gibt es sehr gute historische Abbildungen und Beschreibungen, die den Aufwand verdeutlichen, mit dem damals die „Herren Blumisten“ ihre Schätzchen inszenierten.Auf dieser Darstellung sind über einhundert Einzel-Exemplare zu erkennen.
Für die Aufstellung in Neuzelle wurde eine stark vereinfachte Variante gewählt.
Die Recherchen ergaben aber auch, dass für die Scherben (Tontöpfe) besondere Anforderungen gestellt wurden. Solche Töpfe sind heute nicht mehr üblich und deshalb auch nicht über den normalen Handel zu erhalten. Dank detaillierter Beschreibungen ließen sie sich jedoch recht einfach in einer Manufaktur nachbilden, die sich auf die denkmalgerechte Sanierung von Backsteinfassaden und anderen aus Ton gefertigten Produkten spezialisiert hatte.
Alle Sorten wurden in jeweils sechs Töpfchen ausgesät. Sie liefen auch alle annähernd gleich gut auf und entwickelten sich gut.
Für die Überwinterung wurden beide historisch beschriebenen Methoden ausprobiert. Dazu wurde die eine Hälfte einer jeden Sorte im Freiland aufgestellt und lediglich mit Reisig abgedeckt. Die andere Hälfte wurde ohne weiteren Schutz in der Orangerie des Klostergartens, quasi im Kalthaus, überwintert.Dabei stellte sich heraus, dass die Pflanzen die draußen überwintert wurden zwar etwas unter Schneckenfraß zu leiden hatten, ansonsten aber sehr gut den Frost überstanden haben. Sie wurden lediglich an frostfreien Wintertagen mit nur wenig Wasser gegossen, um ein Austrocknen zu vermeiden.
Die Pflanzen in der Orangerie sahen bis zur Hälfte der Überwinterung sehr gut aus. Sie fingen dann aber gegen Ende Februar an zu Treiben, was trotz Zusatzbeleuchtung sehr schnell zum Vergeilen der Triebe führte. Auch war das Gewebe, welches in der Orangerie wuchs, sehr weich und schwach. Einige wenige fingen sogar an zu blühen. Viele dieser Pflanzen brachen dann nach dem Ausräumen zusammen und kamen nur spärlich oder gar nicht wieder.
Im zweiten Winter wurden dann alle Pflanzen im Freien überwintert, ohne das es zu nennenswerten Verlusten kam.
Es zeigten sich aber einige Sorten über das Jahr hinweg als nicht sehr dauerhaft. Vor allem viele Sorten der Chabaud-Gruppe überstanden das zweite Jahr nicht. Aus Mangel an rechtzeitig genommenen Stecklingen waren dann im dritten Jahr einige Sorten leider nicht präsentierbar. Natürlich haben wir diese Sorten aus dem noch vorhandene Saatgut wieder nachgezogen, aber für einen Sommer fehlte ein Teil des Blütenflors.
Aufgrund der doch recht langwierigen Recherche, des langsamen Herantastens an die Kulturführung und der damit verbundenen „Rückschläge“ konnte im Jubiläumsjahr 2018 noch keine wiederauferstandene Nelkensammlung im Klostergarten präsentiert werden. Das ganze Thema stellte sich doch weit umfangreicher und komplexer dar, als es sich alle Beteiligten am Anfang vorgestellt hatten.
Außerdem fand sich in dem noch nicht fertig sanierten Klostergarten keine adäquate Aufstellmöglichkeit, die dem Thema im barocken Kontext gerecht werden konnte. Erst mit der Fertigstellung des insgesamt 5 ha großen Barockgartens im Jahr 2021 ergab sich mit dem neugestalteten Gartenpavillon am östlichen Ende der Querachse die Möglichkeit, das Nelkentheater entsprechend zu präsentieren.
Resume
Trotz der teilweise politischen Aufladung und der zeitweise inflationären Verwendung als Schnittblume, sind Nelken auch heute immer noch beliebt. Es ist mitunter sehr erstaunlich, wie sehr die Besucher der Gartenanlage an unserer Nelkensammlung interessiert sind. Sie fragen nach den Sorten und finden es sehr spannend und belustigend etwas über die Geschichte dieser sehr alten Kulturpflanze zu erfahren.
Text und Bildquelle: Ralf Mainz / Stiftung Stift Neuzelle
Die Stiftung Stift Neuzelle ist unterstützender Partner des Netzwerks Pflanzensammlungen.